Tropfbewässerung im Kartoffelanbau

Praxistest Kartoffelanbau: Höhere Wasser- und Düngereffizienz mit Tropfbewässerung

Welche Bewässerungsmethode eignet sich im Kartoffelanbau besser – Tropfbewässerung oder konventionelle Überkopfberegnung? In einem Praxistest auf einem Feld des Landwirts Klages in Wedemark-Sprockhof, in Niedersachsen, wurden beide Techniken miteinander verglichen. Jetzt liegen die ersten Ergebnisse vor: Mit Tropfbewässerung wurde 52 Prozent Wasser gespart und 19 Prozent Stickstoff. Gezeigt wurde zudem, dass es mit der schwallartigen Überkopfbewässerung zu unnötigem Wasserverlust und der Gefahr der Auswaschung von Nährstoffen kam, da nachweisbar auch eine Durchfeuchtung des für die Wurzel der Kartoffelpflanze nicht mehr erreichbaren Unterbodens erfolgte.

Der Praxistest findet auf einem Feld des Landwirtschaftsbetriebs Klages in Wedemark-Sprockhof, in Niedersachsen, statt. Der Landwirt bewässert einen Teil der Fläche mit Tropfrohren, während der andere Teil konventionell beregnet wird. Das Düngekonzept wurde für beide Bewässerungsvarianten von dem Düngemittelhersteller ICL-Abteilung Speciality Fertilizer zusammen mit dem Landwirt ausgearbeitet. Die Bewässerung wird alleine von dem Landwirt durchgeführt.

2019 war das erste Anbaujahr. Es diente dazu, den Landwirt mit der für ihn neuen Technik vertraut zu machen. 2020 ging es dann darum, beide Bewässerungsverfahren in Bezug auf Wasserverbräuche und unterschiedlicher Düngekonzepte zu vergleichen. Die Verbräuche wurden bei der Schlauchtrommelberegnung über ein betriebseigenes System dokumentiert und bei der Tropfbewässerung über den Wasserzähler an der Kopfstation, welche für die exakte Verteilung des Wassers auf die einzelnen Bewässerungsblöcke zuständig ist.

Die Kopfstation einer Tropfbewässerungsanlage besteht in der Basisausstattung aus einem Filter und Ventilen, die einen sicheren Betrieb ermöglicht und dafür sorgt, dass das Wasser gesäubert und unter kontrolliertem Druck fließt.

Bewässerungsblöcke werden bei der Tropfbewässerung immer dann angelegt und über Ventile separat angesteuert, wenn die Förderleistung der Wasserquelle niedriger ist, als der theoretische Wasserfluss des gesamten Tropfrohrsystems für ein Feld. Dieser Wasserfluss errechnet sich aus dem Wasserfluss eines im Tropfrohr eingebetteten Tropfelementes, das eine definierte Wassermenge pro Stunde durchlässt, multipliziert mit der Anzahl der Tropfelemente des gesamten Feldes. Beträgt die Förderleistung zwischen 50 und 100 Prozent des gesamten theoretischen Wasserflusses, wird das Feld in zwei Bewässerungsblöcke aufgeteilt, sind es zwischen 33 und 50 Prozent sind es drei Blöcke, usw. Die Blöcke werden bei der täglichen Wassergabe pro Quadratmeter jeweils nacheinander angesteuert. Die Wassermenge orientiert sich dabei an der erwarteten Verdunstung (Evapotranspiration). Da die Höhe des Wasserflusses pro Stunde sowie die Größe des Bewässerungsblocks bekannt sind, kann die abgegebene Wassermenge in einem Bewässerungszyklus exakt gesteuert werden.

Im Demonstrationsversuch wurde das Versuchsfeld in zwei Tropfbewässerungsblöcke aufgeteilt (Abbildung 1).

Abbildung 1: Bewässerungsblöcke (Bild: Netafim/Eisenhut)

Über ein elektronisches Kontrollelement, lassen sich die Ventile der Tropfbewässerungsanlage einfach per Handy- und Web-App steuern. Gleichzeitig haben die Ventile die Aufgabe, das Tropfrohrsystem vor Überdruck zu schützen (Abbildung 2).

Diese Anordnung ermöglichte es, die Blöcke des Praxistests jeweils unterschiedlich zu bewässern. Insgesamt ist sie aber auch dafür geeignet, die Bedürfnisse verschiedener Sorten und unterschiedlicher Reifegruppen zu berücksichtigen, einfach in dem jeder Sorte ein eigener Block zuordnet wird.

Auch der überkopfbewässerte Bereich des Feldstückes wurde in zwei Bereich aufgeteilt.

Die Wassergaben auf dem Feld wurden wie folgt aufgeteilt:

 

Größe

Menge

Menge

Parzellen

ha

l/m²

Überkopfberegnung

3,70

6.477

174,9

Tropfbewässerung

2,60

2.167

83,3

Abweichung

 

 

-91,5

Abweichung in %

 

 

-52,3

Tabelle 1: Wasserverbrauch

Zu sehen ist, dass mit der Tropfbewässerung der Wasserverbrauch um rund 52 Prozent gesenkt werden konnte.

Abbildung 2: Druckreduzierventile mit elektronischer Steuerung (Bild: Netafim/Eisenhut)

Über eine sogenannte Fertigationseinrichtung, ermöglicht es die Tropfbewässerungsanlage zudem, die Pflanzen entsprechend ihres momentanen Bedarfs zu düngen. In der Fertigation kommen in Wasser hochlösliche Nährsalze zur Anwendung. Hierzu wird der Dünger zunächst in einem Stammlösungsbehälter aufgelöst und dann über eine Proportionaldosierpumpe in das System gedrückt.

Abbildung 3 zeigt eine solche Fertigationseinrichtung.

In der Praxis gibt es noch diverse andere Möglichkeit der Düngereinspeisung, je nachdem wie exakt gedüngt werden soll.

Um sicher zu stellen, dass die notwendigen Mengen verabreicht werden, wird vorab für den gesamten Vegetationszeitraum ein Fertigationsplan erstellt.  Zeigen sich in der Wachstumsphase bei Blattanalysen dennoch Defizite, kann die Nährstoffversorgung jederzeit ausgleichen werden.

Dagegen muss bei der Überkopfbewässerung nahezu der gesamte Nährstoffbedarf vorab über den Düngerstreuer auf das Feld ausgebracht werden. Eine Feinjustierung (Blattdüngung) ist danach nur noch in geringem Umfang möglich.

In dem Praxistest wurden im Mittel folgende Nährstoffmengen ausgebracht:

 

N

P2O5

K2O

MgO

Parzellen

kg/ha

kg/ha

kg/ha

kg/ha

Überkopfbewässerung

177

92

272

41

Tropfbewässerung

144

107

214

42

Abweichung

-33,5

15,0

-57,9

1,2

Abweichung in %

-18,9

16,3

-21,3

3,0

Tabelle 2: Düngung nach Einzelnährstoffen

Die Zahlen zeigen: Gegenüber der Überkopfbewässerung wurde mit der Tropfbewässerung rund 19 Prozent weniger Stickstoff ausgebracht. Stickstoff ist als Nährstoff besonders auswaschungsgefährdet und damit mit für die Nitratbelastung des Grundwassers verantwortlich.

Abbildung 3: Fertigationseinrichtung mittels Proportionalpumpe (Bild: Netafim/Eisenhut)

Ideal ist es, wenn für die Bewässerungssteuerung Daten einer eigenen Wetterstation berücksichtigt werden. Diese sollte neben den üblichen Werten wie Temperatur, Niederschlag, Windrichtung und Windstärke, die Luftfeuchtigkeit, Sonnenstrahlung sowie die sich aus den Daten ergebende Verdunstung bereitstellen. Die nachfolgende Grafik zeigt, die Temperaturverhältnisse in der Zeit von der Pflanzung bis zum Krautabtöten. Dargestellt wird der tägliche Niederschlag in Millimeter (mm) sowie die mittlere, Höchst- und Tiefsttemperatur in Grad Celsius (°C).

Grafik 1: Niederschlagsverteilung und Lufttemperatur

Auffällig ist die lange trockene Phase im April, die mit relativ niedrigen Temperaturen einherging. Teilweise gab es sogar Nachtfrost. In der gesamten Zeit hat es nur sechsmal mehr als 10 Liter geregnet, darunter zweimal mehr als 15 Liter (Grafik 2) Dabei ist es wichtig zu wissen, dass nur Niederschläge über 5 l/m² auch pflanzenwirksam sind. Die Blätter, in denen der Regen hängen bleibt und die normale Verdunstung sorgen dafür, dass geringerer Niederschlag die Wurzeln nicht erreicht.

Die Niederschlagsdaten zeigen, dass während der gesamten Saison nur an sieben Tagen Niederschlag in einer pflanzenverfügbaren Menge fiel, insgesamt 54,4 l/m². Das entspricht 46 Prozent der gesamten Niederschlagsmenge.

Die Verdunstungswerte am Versuchsstandort sind in Grafik 3 dargestellt.

 

Grafik 2: Unterschied tatsächlicher und pflanzenverfügbarer Niederschlag (kumuliert)

Grafik 3: Verdunstungswerte der Wetterstation

Zu sehen ist, dass die tägliche Verdunstung im Mittel bei 3,7 l/m² liegt. Im Betrachtungszeitraum sind so insgesamt 418 l/m² verdunstet. Diese Verdunstungswerte der Wetterstation bedürfen aber noch der Überarbeitung, da sie, vergleichbar mit dem Deutschen Wetterdienst, für Grasland ermittelt werden somit auf die Kartoffeln nicht eins zu eins übertragbar sind. Zudem spiegeln die Werte die potenzielle Verdunstung wider. Vereinfacht ausgedrückt, ist das die Wassermenge, die im Idealfall verdunsten könnte, wenn sowohl der Boden als auch die Pflanzen optimal mit Wasser versorgt sind. Da dies nicht immer der Fall ist, liegt die tatsächliche Verdunstung meist unter diesem Wert. Ziel einer bedarfsgerechten Bewässerung ist es, sich mit den zusätzlichen Wassergaben der potenziellen Verdunstung anzunähern.

Warum ist dies so wichtig? Für den Nährstofftransport von der Wurzel in die Blätter, Knollen, Blüten oder Samenanlagen sind Pflanzen auf Wasser als Transportmedium angewiesen. Sie nutzen hierfür die sog. Saugspannung, die dadurch entsteht, dass über die Spaltöffnungen der Pflanze Wasser verdunstet und die Kapillarwirkung in den Leitbündeln der Pflanzen dafür sorgt, dass Wasser aus dem Boden nachgezogen wird. Ist Wasser knapp, werden die Spaltöffnungen geschlossen, damit die Pflanze nicht austrocknet. Allerdings findet dann auch kein Nährstofftransport statt, was automatisch zu Ertragsverlusten führt. Das gilt es, mit einer guten Bewässerung zu vermeiden.

Es liegt in der Natur der Sache, dass jede Pflanzenart ein ganz eigenes Verdunstungsverhalten hat – so auch die Kartoffeln. Um die potenzielle Verdunstung für Kartoffeln zu ermitteln, müssen die von der Wetterstation erhaltenen Verdunstungswerte um fruchtarten- aber auch vegetationszeitpunktabhängige Korrekturfaktoren bereinigt werden. Diese experimentell von der l ermittelten Werte berücksichtigen unter anderem auch die prozentuale Blattbedeckung des Bodens. Exemplarisch wird in der folgenden Grafik dargestellt, welche Verdunstungswerte für Kartoffeln 2020 festgestellt wurden.

Grafik 4: Potenzielle Evapotranspiration der Kartoffel unter Tropfbewässerung

Hier wird sehr gut deutlich, dass die potenzielle Verdunstung der Kartoffel sehr stark von der ursprünglich über die Wetterstation ermittelten abweicht. Sie liegt bei nur rund 50 Prozent bzw. 205 l/m².

Wichtig ist, dass dieser so ermittelte Wasserbedarf der Kartoffel jedes Jahr entsprechend der sich verändernden Einflussparameter wie z. B. Temperatur, Wind, Sonneneinstrahlung schwanken kann. Darüber hinaus gibt es auch noch sortenspezifische Unterschiede, welche die Vegetationsperiode verkürzen oder verlängern.

Für unseren Praxistest bedeuteten diese Auswertungen aber, dass noch rund 150 l/m² an Niederschlag fehlten. Diese Menge wurde über die Tropfbewässerung ergänzt.

So wurden im Versuchsjahr 2020 83,3 l/m² Wasser über Tropfrohre (Tabelle 1) ausgebracht. Damit bleibt noch eine Fehlmenge von 67,3 l/m² (Tabelle 3). In jedem Fall ist hier sehr sparsam bewässert worden. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass auf dem Versuchsfeld zum Ende der Saison der Brunnen ausgefallen ist, so dass eine weitere Bewässerung nicht möglich war.

Wenn man die gleiche Rechnung unter Unterstellung gleicher Korrekturfaktoren auch für die überkopfbewässerte Fläche vornimmt, zeigt sich, dass dort 29,3 l/m² zu viel bewässert wurden.

Unter Zugrundelegung der Korrekturfaktoren (kc-Faktor) wie sie die Fachhochschule Geisenheim auf ihrer Internetseite für Kartoffeln veröffentlich hat (Stand 2019), ergibt sich sogar noch ein Defizit. Die potenzielle Verdunstung liegt nach dieser Rechnung bei 331 l/m². Bei einer Bewässerungsmenge von 174,9 l/m² beträgt das Defizit 101,7 l/m².

 

pot. Verdunst.

eff. Niederschl.

Bewässerung

Bilanz

Parzellen

l/m²

l/m²

l/m²

l/m²

Überkopfberegnung

331,0

54,4

174,9

-101,7

Tropfbewässerung

205,0

54,4

83,3

-67,3

Tabelle 3: Wasserbilanz (Niederschlag zzgl. Bewässerung abzgl. potenzielle Verdunstung)

Der Vergleich der durchschnittlichen Erträge der verschiedenen Bewässerungsblöcke zeigt, dass trotz des deutlichen Mehrverbrauches an Wasser bei der Überkopfbewässerung nur ein geringer Mehrertrag erzielt wurde. Dies wirkt umso schwerer, weil, wie oben erläutert, die geplante Wassermenge mit der Tropfbewässerung aufgrund der Brunnenhavarie nicht ausgebracht werden konnte. Die Überkopfbewässerung war zu dem Zeitpunkt schon abgeschlossen. Es war dagegen geplant, die Tropfbewässerung noch ca. 2 Wochen mit insgesamt fünf bis sechs Wassergaben weiter zu betreiben. Dies hatte direkten Einfluss auf den Ertrag. Erfahrungsgemäß findet der meiste Ertragszuwachs in dieser letzten Phase statt.

 

Ertrag

Eff. NS + Bewässerung

Wassernutzungs-effizienz

 Düngeeffizienz (dt Ertrag pro kg Nährstoff)

Parzellen

dt/ha

l/m²

kg Ertrag /100 l

N

P2O5

K2O

MgO

Überkopfbewässerung

653,42

229,3

2,85

3,69

1,92

0,34

6,67

Tropfbewässerung

619,43

137,7

4,50

4,31

1,34

0,50

5,09

Abweichung

-33,99

 

 

 

 

 

 

Abweichung in %

-5,20

 

 

 

 

 

 

Tabelle 4: Ertragsvergleich

Zur Verdeutlichung wurde in Tabelle 4 der Wassereinsatz (Niederschlag und Bewässerungswasser) in Beziehung zum erzielten Ertrag gesetzt. Die sich daraus ergebende Wassernutzungseffizienz zeigt deutlich, dass über Tropfbewässerung mit 100 Litern Wasser 4,5 kg Kartoffeln erzeugt wurden, während es bei der Überkopfberegnung nur 2,85 kg waren.

Ähnlich sieht das Ergebnis bei der Nährstoffausnutzung aus. So wurden über die Tropfbewässerung mit einem Kilogramm Stickstoff 4,31 kg Kartoffeln erzeugt, gegenüber 3,69 kg bei der anderen Bewässerungsmethode.

Wie schon erwähnt, unterscheiden sich die beiden Bewässerungsmethoden grundsätzlich voneinander. Während mit der Tropfbewässerung viele kleine Wassergaben verabreicht werden können, müssen bei der Überkopfbewässerung aus technischen Gründen wenige dafür aber hohe Einzelgaben verregnet werden. Eine Durchfeuchtung des Unterbodens findet dabei fast zwangsläufig statt.

Grafik 5 zeigt, welche Einzelgaben über die Überkopfbewässerung ausgebracht wurden. Diese lagen bei 27 bis 45 Litern, gegenüber 2 l/m² bis 7 l/m² bei der Tropfbewässerung.

Grafik 5: Bewässerungsvergleich Tropfbewässerung - Überkopfbewässerung

In dieser Saison wurde auch untersucht, wie sich die Bodenfeuchte entwickelt. Zu diesem Zweck wurden Bodensensoren in zwei Tiefen von 26 und 46 Zentimetern platziert.

Die Grafiken 6 a und b zeigen sehr deutlich, wie sehr die hohen Wassergaben bei der Überkopfbewässerung auch den Unterboden (46 cm), in grün dargestellt, beeinflussen. In dieser Tiefe kann die Kartoffel kaum noch Wasser aufnehmen, da das Wurzelwerk einfach nicht so stark ausgeprägt ist. Am Ende lag die Endfeuchte sogar über der Startfeuchte. Wie eingangs erwähnt, steigt so die Gefahr der Nährstoffauswaschung in das Grundwasser.

Grafik 6a

Grafik 6b

Mittels der Tropfbewässerung konnte dagegen die Feuchtigkeit in alle untersuchten Tiefen nahezu konstant gehalten werden. Die Endfeuchte in der Tiefe von 46 cm lag sogar unter der Startfeuchte.

Der Versuch wird 2021 fortgesetzt.